Interview mit Clemens Scheitz
vom 9. Dezember 1978

Thomas Honickel hat im Jahr 1978 ein gefilmtes Interview mit Clemens Scheitz geführt, das ein Jahr später im Videoprogramm des Forum des jungen Films bei der Berlinale lief. Sebastian Kuboth hat das alte Band im Frühjahr 2022 digitalisiert und eine Abschrift erstellt, die von Thomas Honickel durchgesehen wurde.
 


Herr Scheitz, Sie haben mir erzählt, dass Sie seit Jahren unter Drogen gesetzt wurden und dass Sie erst jetzt erfahren haben, um wen es sich dabei gehandelt hat. Können Sie dazu etwas erzählen?

Nur in der letzten Probe oder in einer der letzten Proben konnte ich genau feststellen, wer dahinter steht. Das ist ein Zigeuner, der das ganze managt.

Ist das eine Gruppe von Leuten? Eine Bande?

Es scheint, dass es eine Mafia-Angelegenheit ist.

Wie kommen Sie zu der Vermutung?

Es ist nicht nur die Sache von mir, es sind noch zwei weitere Sachen, über die ich aber nicht sprechen möchte. Einmal von einem jungen Mann, der unter Drogeneinfluß stand. Er hat mir gesagt – und ich höre das auch von anderer Seite -, dass er seit Monaten keine Drogen mehr genommen hat. Und das ist hundertprozentig glaubhaft.

Sie haben mir erzählt, dass Sie diverse Untersuchungen durchgeführt haben. Sie waren im Klinikum an der Isar...?

Ja, im Klinikum Rechts der Isar.

Wie waren da die Ergebnisse von den Untersuchungen?

Ich bin im Gesamten untersucht worden: Herz, Leber, Nieren und andere Organe sind hundertprozentig einwandfrei. Mein Blutspiegel wurde vorige Woche am Freitag gemessen. Ich habe nur 90, der Durchschnitt ist 120. Was Zucker anbelangt bin ich anstelle von 120 nur bei 90. Dann ist das Herz untersucht worden: Ein Elektrokardiogramm. Ich habe es selbst gesehen: Vollkommen regelmäßig! Ohne Abweichung!

Ihr Herz ist also gesund?

Vollkommen gesund!

Gesundheitliche Probleme wurden keine gefunden?

Nur im Magen-Darm-Kanal. Der Verdauungstrakt ist gestört, in seiner Funktion. Im Magen und im Darm. Es ist nur im Rektum eine leichte Rötung. Der Arzt hat mir gesagt, er bringt mich wieder hin. Ich habe eine besondere Darm-Therapie, außerdem habe ich Tabletten für Vitamine, Mineralien und Spurenelementen. Außerdem für den Magen eine besondere Sache – ich nehme sie immer Nachts vor dem Schlafengehen ein. Da legt sich dann ein Film an die Magenschleimhaut und schützt sozusagen die Magenschleimhaut.

Zu den Leuten, die für die Sache mit den Drogen verantwortlich zu machen sind: Gehört da auch der Geheimdienst dazu? Es ist ja bekannt, dass Sie nicht in die östlichen Länder reisen dürfen....

Ich reise selbst nicht von mir aus in die östlichen Länder, wegen eines militärischen Patentes. Ich wurde nach dem Krieg schon aufgefordert – nämlich von einem Kommunisten, der zwar im Dritten Reich aktiv war, er muss sich da nicht günstig gezeigt haben, sodass er nach dem Zweiten Weltkrieg von allen Sachen abgelehnt wurde. Er scheint mit dem russischen Geheimdienst irgendwie unter einer Decke zu sein. Ich hab damals sofort abgelehnt. Er hat mir gesagt, dass ich jederzeit in die DDR und in die Sowjetunion kann. Ich brauche nur sagen, wann ich weg will. Dann habe ich gesagt: „Das wünsche ich ja gar nicht!“. Da war er betroffen.

Sie meinen, dass Sie dort festgehalten werden würden, wenn Sie rüber fahren?

Ja, die würden mich nicht mehr los lassen. Die wissen, dass ich schon auf ein militärisches Patent hingearbeitet habe und das habe ich dann später in einer erweiterten und ganz anderen Form, wie ich es als erstes Patent angemeldet habe, weiter durchgeführt.

Sind die Leute, die für Ihre körperlichen Beschwerden verantwortlich zu machen sind, die Gleichen, wie die Leute vom Geheimdienst?

Es scheint, dass die alle vereinbart arbeiten.

Sie haben Ihr militärisches Patent erwähnt. An anderer Stelle haben Sie einmal von einem Patent bzgl. einer Rakete gesprochen, hat das damit zu tun?

Ja, ich habe bei dieser Rakete etwas vollkommen Neues entwickeln können. Und zwar mittels Treibminen, um die Rakete beim Start auf eine riesige Geschwindigkeit zu bekommen. Denn die Startgeschwindigkeit ist das Wichtigste. Wenn die schon stark ist und groß ist, dann ist die Fortführung der Rakete mit von mir sogar neuen Mitteln derart gewährleistet, dass sie mühelos in riesige Weiten gebracht werden kann. Und zwar in kürzester Zeit.

Jetzt sind wir bei Ihren wissenschaftlichen Arbeiten: Was ist „Feilgau“?

Hier habe ich vorallem auf dem Gesamtgebiet der Physik einschließlich der wissenschaftlichen höheren Chemie, die ja physikalisch fundiert ist, und der Astronomie gearbeitet.

Sie haben einmal geäußert: Feilgau ist der Schlüssel zum Universalgesetz, der alle bisherigen Theorien als falsch bezeichnet.

Ja. Die derzeitigen Theorien, die vom Abstrakten geführt werden, sind nutzlos. Schopenhauer hat schon gesagt über die Abstrakten: Am Ende haben sie nur noch leere Strohhülsen in der Hand. Und das ist noch sehr günstig ausgedrückt. Außerdem hat Kant vor dem Abstrakten gewarnt: Nur das Konkrete hat wirklichen Boden, auf dem man bauen kann.

In welcher Verbindung steht das mit „Feilgau“?

Das ist von Werner Herzog nicht ganz recht verstanden worden. Den Begriff Feilgau hat Pfitzner verwendet. Er hat eine Schrift abgefasst über die 6. Symphonie von Beethoven. Da ist eine Szene „Gewitter und Sturm“ und ich habe unter Pfitzner selbst diese Symphonie gehört. Wenn man die hört unter ihm, dann ist gerade bei „Gewitter und Sturm“ die Sache so, dass man wirklich innerlich vor Augen hat, wie Gewitter und Sturm vor sich gehen. Und nun sind da auch bei Gewitter und Sturm Blitze. Diese Farbe davon hat Pfitzner als Feilgau bezeichnet. Und das dürfte richtiger sein im Gegensatz zu Newtons Ansicht der das farbige Licht als „Grün“ bezeichnet hat. Und das ist von ihm falsch.
Pfitzner hat das, was Newton als „Grün“ bezeichnet hat, als „Feilgau“ bezeichnet. Dies trifft besser zu, denn diese Farbe ist ja spektral und nicht für das sichtbare Auge das „Grün“. Dieses ist ja eine Mischfarbe von „Grün“ und „Blau“ und ergibt dieses Blattgrün, das ist das echte Grün! Die Bezeichnung „Grün“ für diese Art der Spektralfarbe, die ja nur vom Licht aus sein kann und die eben bei Blitzen besonders stark ist, die hat mit „Grün“ überhaupt nichts zu tun. Ich werde darüber eigens schreiben. Und Schopenhauer hat die Farbenlehre von Newton als „Monstrum“ bezeichnet und sie als falsch angesehen. Außerdem kenne ich ja die Goethische Farbenlehre sehr eingehend. Hier hat Schopenhauer gemeint, es müssen sich Phsyiker zusammentun um die goethische Farbenlehre genau zu untersuchen, damit sie anerkannt ist. Nun habe ich aber hier den Einwand, dass die Physiker nicht Mediziner sind. Goethe, der auch medizinische Studien betrieben hat, ist nicht nur physikalisch an seine Farbenlehre herangegangen, sondern auch physiologisch und psychologisch. Und das macht seine Farbenlehre erst groß. Die newtonsche Farbenlehre ist unbedeutend. Wilhelm Ostwald wird die sogenannte physikalische Chemie zugeschrieben. Aber die physikalische Chemie hat ihre Anfänge bei den alten Griechen.

Sie haben gerade erwähnt, dass Sie mit den Problemen, die mit „Feilgau“ zusammenhängen, eine Schrift veröffentlichen wollen...

Ich werde in einer Schrift darüber schreiben.

Sie haben bereits 1934 eine Schrift mit dem Titel „Raum und Zeit“ heraus gebracht.

Darin habe ich darüber aber nichts geschrieben, sondern nur über die Grundlagen der Physik allgemein. Die ersten Überlegungen dazu gehen bis in mein dreizehntes Lebensjahr hinein. Ich werde auch darüber in einer Schrift ausführlich Bericht erstatten.

Herr Scheitz, Sie glauben nicht, dass es jemals eine Atombombe gegeben hat....?

Nein, das glaube ich nicht.

...und Sie glauben nicht, dass es jemals eine Mondlandung gegeben hat?

Auch das glaube ich nicht.

Warum?

Einmal hat jeder Weltkörper eine riesenhafte Geschwindigkeit. Und die Bahnen eines Weltkörpers sind nicht etwa beispielsweise beim Mond spiralartig, sondern in langgezogenen Wellenbahnen. Das lässt sich beim Mond schon bei der Umkreisung um die Erde im Laufe eines Jahres schnell rechnerisch feststellen. Ich weiß nicht, ob ich das kurz ausführen soll. Es würde etwas aus dem Rahmen gehen.

Warum glauben Sie nicht, dass es die Mondlandung nicht gegeben hat?

Weil die Geschwindigkeit jeden Weltkörpers enorm ist. Abstrakte Phsyiker, so habe ich in der Presse einmal gelesen, geben für die Sonnengeschwindigkeit rund 200 Sekundenkilometer an. So hoch schätze ich sie gar nicht ein, aber sie dürften sich mindestens auf 100 Kilometer belaufen.

Es gibt doch Fernsehaufnahmen und Fotos von der Mondlandung. Meinen Sie, dass die gefälscht sind?

Das belegt gar nichts. Denn Sie müssen bedenken, dass bei dieser Geschwindigkeit, die ja bei einer Rakete, die mit Lebewesen von der Erde weggeschickt werden soll, dass diese Rakete die Geschwindigkeit beibehalten muss. Die geringste Differenz in der Geschwindigkeit macht, dass die Rakete sofort im Weltraum irgendwo hinfliegt und nie mehr auf die Erde zurück kommt. Das sind die ersten grundlegenden Bedenken. Sie müssen sich vorstellen, bei einer Geschwindigkeit von 100 Sekundenkilometern, die beibehalten werden muss, besteht ein Risiko ohne gleichen.

Sie glauben also daran, dass die Fotos Fälschungen sind?

Es geht von einer gewissen Gruppe in Amerika aus, die will ich nicht benennen. Diese Gruppe ist maßgeblich für die UdSSR, der Sowjetunion. Und von da aus, von dieser kleinen Gruppe – nur von dieser kleinen Gruppe – wird die Sowjetunion geleitet und geführt.

Woher wissen Sie von dieser Gruppe?

Da habe ich eine Schrift von einem amerikanischen Geschichtswissenschaftler gelesen. Er berichtet über diese Gruppe, die ich nicht benennen will. Denn man muss auch einigermaßen... etwas zurückhaltend sein.

Sie beschäftigen sich mit vielen Dingen. Was ist Ihr eigentlicher Beruf?

Mein Grundberuf ist zunächst die Musik, die ich gründlichst betrieben habe.

Sie waren auch Pianist?

Ja und ich werde wieder pianistisch vorgehen.

Sie werden Konzerte geben?

Ja, aber nicht mehr die nächsten Abende in München, sondern wo anders. Im Ausland. Dann habe ich eben seit meinem 13. Lebensjahr die Physik selbstständig betrieben und zwar in Bezug auf Erscheinungen. Vor allem habe ich mich seit meinem 13. Lebensjahr gegen Newton einstellen müssen. Einmal ist weder die Gravitation von ihm, noch die Mechanik. Man spricht aber von der Newtonschen Mechanik und der Gravitation. Das stimmt ja gar nicht. Bei Schopenhauer habe ich nach dem 2. Weltkrieg gelesen, dass die Gravitation von Robert Hooke ist, nicht von Newton. Und die Mechanik ist zunächst von Kopernikus. Und dann hat Kepler mit genauen Messungen die ursprünglich von Kopernikus als Kreisbahn bezeichnete Bewegung der Erde um die Sonne – und aller übrigen Weltkörper – in eine Ellipse bringen können.

Kann man Sie also auch als Naturwissenschaftler bezeichnen?

Ja und zwar von
Grund auf durch eigene Arbeiten. Ich habe eigene Erkenntnisse auf diesem Gebiet und zwar in umfangreicher Weise mit zur Darstellung bringen können. Und darüber habe ich auch in der Broschüre geschrieben.

Dann sind Sie zusätzlich noch Schauspieler?

Das hat sich irgendwie von selbst ergeben. Denn ich habe mit 22 Jahren schon beim Stummfilm so kleine Rollen gespielt. In „Der Regattafürst“, dann in einem russischen Film. Da hätte ich ursprünglich eine Musik schreiben sollen. Das war 1922 und da hat die Inflation begonnen. Man hat mir eine kleine Rolle als junger Edelmann gegeben, damit ich in das Milieu des Filmes hinein wachse. Und dann ist das Geld zusehends immer geringer geworden. Dann hatten sie mir sagen müssen, sie haben kein Geld mehr, um auch noch die Musik bezahlen zu können, weil die beginnende Inflation ihre geldlichen Mittel finanziell verringert hat.

Haben Sie Ihr ganzes Leben permanent bei Filmen mitgearbeitet?

Nein, Anfang der 20er Jahre war es nur ganz kurz und dann habe ich mich davon wieder entfernt. Es ist auch damals nicht das bezahlt worden, was heute bezahlt wird.

Sie sind dann erst wieder jetzt in den 70er Jahren dazu gekommen?

Seit gut 4 Jahren, gut 4 1/2 Jahren.

Die erste Filmarbeit war mit Werner Herzog? Das war der „Kaspar Hauser“.

Mit Herzog, ja. Ich hatte vorher nur ganz kleine Sachen gedreht, die unbedeutend sind.

[Das Band ist zu Ende. Das Interview wird in einem zweiten Teil fortgeführt.]

Im Jahr 1974 haben Sie wieder damit angefangen, Filme zu machen. Mit Werner Herzog und auch Theater. Theater war an den Kammerspielen, wie sind Sie zu den Kammerspielen gekommen?

Durch den Künstlerdienst. Ich habe vor Jahren mit Herrn Schmitz vom Künstlerdienst gesprochen, der mich dann empfohlen hat.

Seit wann sind Sie in der Kartei des Künstlerdienstes?

Das dürfte rund fünf Jahre sein. Genau kann ich es nicht sagen.

Eines Tages sind Sie dann angerufen worden und Sie hatten ein kleines Engagement an den Kammerspielen.

Ja.

Das war „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“, Regie hat Benno Besson gemacht. Sie haben einen Armen gespielt. Danach kam „Arzt am Scheideweg“, da waren Sie bei den Galeriebesuchern dabei. Das war eine kleinere Sache...

Wir haben auch einen Flug nach Berlin gemacht, nach West-Berlin.

Ein Gastspiel mit „Arzt am Scheideweg“?

Ja. Ich bin mitgeflogen, weil ich bei dieser Gruppe der Gäste dabei war. Ich war immer der Erste gewesen, der heraus gegangen ist. In dem Raum, in dem die Gemälde des Malers, der verstarb, ausgehängt waren. Es war eine Gemäldegalerie. Die haben wir bewundert.

Dann kam die „Minna von Barnhelm“. Da haben Sie einen Hausdiener gespielt und das haben Sie sehr schön gemacht. Ich glaube Sie haben eine Suppenschüssel herein getragen.

Das haben wir wieder in Berlin aufgeführt, mit einem Erfolg, den Sie sich kaum vorstellen können.

Mit der Inszenierung sollte es auch ein Gastspiel in Moskau geben und da sind Sie nicht mitgegangen.

Da bin ich nicht mit, ja.

Aus den vorhin erwähnten Gründen.

Ja.

„Germania – Tod in Berlin“, da spielten Sie Friedrich II. als Vampir geschminkt. Das ist ein unvergesslicher Auftritt. Hat Ihnen das Spaß gemacht?

Freilich bin ich nicht mit der Rolle aus historsichen Gründen einverstanden, aber wie sie zu lösen ist, das ist ganz entschieden sehr interessant. Ich habe da auch ein Spinett mit einen Geiger und einen Schlagzeuger den Anfang des Brandenburgischen Konzertes von Bach gespielt.

Danach kam Mittsommernachtstraum. Da haben Sie zusammen mit Rosl Mayr einer der Elfen gespielt. Zur Zeit proben Sie mit Botho Strauß „Groß und Klein“, da spielen Sie wieder zusammen mit Rosl Mayr „der Alte“ und „die Alte“. Das ist dir dritte Inszenierung, die Sie zusammen mit Dieter Dorn machen. Können Sie etwas über ihn erzählen? Wie arbeitet er mit Ihnen?

Mit Dieter Dorn ist es fabelhaft zu arbeiten. Es sind oft Dinge da, die man schwer in Worte kleiden kann. Und gerade die Art wie Dieter Dorn inszeniert, gehört eben dazu. Er macht das nicht mit vielen Reden, aber was er spricht, das hat Grundlage! Man weiß auch, wie man dann zu spielen hat.

Wird auch viel ausprobiert oder geändert?

Bei dieser Rolle wird gar nicht viel geändert.

Sie haben auch viel Text zu sprechen. Macht Ihnen das Schwierigkeiten?

Überhaupt keine. Ich habe schon in jungen Jahren das Rezitieren begonnen, nachdem ich Ludwig Wüllner mit ungefähr 15 Jahren als Rezitator gesehen habe. Er hat mich derart begeistert, dass ich sofort Gedichte und Balladen von Goethe, Schiller, Uhland rezitiert habe.

Wo haben Sie das gemacht?

Zu Hause. Zunächst ganz allein. Ab und zu im Freundeskreis.

Haben Sie es auch Ihrer Frau vorgeführt?

Erst später. Das ist über sieben Jahre später gewesen. Aber ich hatte viele Bekannte. Denen habe ich immer, wenn ich eine Einladung hatte, das ein oder andere rezitiert.

Machen Sie lieber Filmarbeit oder die Arbeit am Theater?

Das Theater hat natürlich den großen Vorteil, dass man eine Rolle nach durchgeführten Proben beherrscht. Die läuft. Beim Film ist es ganz grundveschieden. Außerdem steht man hier lebend vor dem Publikum, was wieder ein besonderer Reiz ist. Aber ich mache das nicht aus Ehrgeiz, um mich vor dem Publikum zeigen zu können. Ich mache es eben. Es ist Freude dabei. Während beim Film, da wird alles eben gefilmt. Anstelle der Proben beim Theater sind da auch andere Proben. Das geht oft sehr sehr schnell, bis ein Teil einer Rolle auf Film aufgenommen ist.

Beim Theater ist es so, dass Sie in München wohnen und abends ins Theater gehen. Beim Film müssen Sie reisen.

Obendrein, ja. Ich habe den ganzen übrigen Tag Zeit
, eigene Arbeiten zu machen. Kompositorische Arbeit und wissenschaftliche Arbeit.

1974 bekamen Sie die erste Rolle bei Werner Herzog und haben inzwischen vier Filme mit ihm gedreht. Wie kamen Sie zu Werner Herzog?

Benedikt Kuby hat mir gesagt, dass er im Künstlerdienst ein Bild von mir gesehen hat. Aufgrund dieses Bildes hat er mich vorgeschlagen für „Kaspar Hauser“.

Benedikt Kuby ist damals der Regieassistent von Werner Herzog gewesen.

Ja

Sie haben später bei einem Kurzfilm mit Benedikt Kuby gedreht.

Ja, „Idola Fori oder können Eselchen lieb sein?“. Der Name "Idola Fori" stammt von Baco von Verulam ["Die Lehre von den Idolen"] und bedeutet "Trugbild des Marktes".

Was war die Handlung des Films?

Es ist ein Kurzfilm. Wir haben verschiedentlich gedreht, auswärts und in München. Und auch in einer Wohnung.

Haben Sie den Film einmal gesehen?

Ich habe ihn selbst gesehen. Die Uraufführung. Die ist in Schwabing gewesen. An einem Sonntagvormittag.

Sie spielen auch Klavier in diesem Film?

Auch, ja. Da spiele ich den Anfang vom ersten Satz der Mondscheinsonate und den Schluß vom dritten Satz der Mondscheinsonate, also den Schlußsatz.

Benedikt Kuby hat Sie also Werner Herzog vorgestellt?

Dieser Film ist zwei Jahre später gedreht worden. Und zwar habe ich bei Werner Herzog zunächst „Herz aus Glas“ gedreht, dann mit Benedikt Kuby „Idola Fori oder können Eselchen lieb sein?“ und hernach im gleichen Jahr „Stroszek“. Den haben wir in Amerika und in West-Berlin gedreht.

Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit Werner Herzog erinnern?

Die war in München, ich glaube in der Wohnung seiner Frau Mama in der Neureuter Straße.

Was hat er für einen Eindruck auf Sie gemacht?

Einen denkbar günstigen!

Welche Rolle sollten Sie in dem Film ursprünglich spielen?

Im „Kaspar Hauser“-Film habe ich den Stadtschreiber gespielt. In Dinkelsbühl und Umgebung haben wir gedreht.

Der Schluß Ihrer Rolle als Stadtschreibers war im Film ursprünglich nicht drin. Herzog war aber so begeistert von Ihnen, dass er den Schluss für Sie geändert hat, damit Sie noch einmal einen großen Auftritt haben.

Ja, das hat er gemacht.

Wie war die Zusammenarbeit mit Herzog bei den Dreharbeiten?

Wunderbar mit Werner Herzog! Einmalig! Das läuft, ohne, dass man irgendwie eine Reibung hat. Nicht das geringste einer Reibung ist dabei. Er hat mir vorher gesagt, was ich machen soll. Und es wurde dann gleich gelöst.

Er war immer zufrieden mit Ihnen?

Sehr! Sonst hätte er mich nicht wiederverwendet.

Ist es Ihnen schwer gefallen das umzusetzen, was er verlangt hat?

Überhaupt keine Schwierigkeit.

Er schlägt vor, was Sie zu machen haben und Sie machen es dann?

Ich führe es aus.

Da haben Sie auch das erste Mal den Bruno S. kennengelernt, der die Hauptrolle gespielt hat.

Ja da habe ich ihn kennengelernt.

Können Sie von Bruno erzählen?

Das ist etwas schwierig. Denn ich war nicht immer mit ihm zusammen.

Haben Sie sich gut mit ihm verstanden? Haben Sie sich mit ihm angefreundet?

Durchaus gut. Wir waren freundschaftlich zueinander.

Was glauben Sie, was er für ein Mensch ist?

Ja... was soll ich alles mit anführen? Er hatte eine ganz leichte psychische Differenz. Es ist mir einmal gesagt worden und man sieht es ihm auch an. Das kommt aber beim Film geradezu überhaupt nicht zur Geltung. Er hat in allen seinen Bewegungen eine geringste Abweichung – ich sage ausdrücklich eine allergeringste Abweichung – von normalen Bewegungen. Es äußert sich im Gesamten, im Sprechen wie in Bewegungen. Aber wie gesagt, das kommt im Film so viel wie überhaupt nicht zur Geltung.

Sie kennen seine Biographie, dass seine Mutter ihn verstoßen hat und er seine Jugend in verschiedenen Heimen zugebracht hat?

Ja das ist natürlich sehr bedauerlich. Er hätte... wissen Sie, damals in Berlin war man vielleicht noch nicht so weit wie in München. Damals hätte die Caritas und die innere Mission sich solcher Menschen besonders angenommen. Aber die Caritas war damals zu seiner Geburt noch nicht in dieser Art so aufgebaut, wie sie heute ist. Ich bin mit der Caritas auch in Verbindung, in enger Verbindung sogar. Ich weiß, was sie alles leisten und in welchen Dingen sie sich auch verschiedener Behinderter mit annehmen.

Ist Bruno Ihrer Meinung nach ein guter Schauspieler? Fällt es ihm leicht zu spielen?

Er macht das.

Er macht das auf seine Art?

Ja. Nicht so ganz auf seine Art – er macht es eben. Es wird ihm von Werner Herzog unterbreitet, wie er es zu machen hat, und er macht es. Ich habe nichts widerspenstiges gefunden bei ihm. Nur bei der Synchronisierung bei diesem Film gab es einige Schwierigkeiten. Wie mir Martha Lederer, eine Schauspielerin, gesagt hat, ist er teilweise in den Berliner Dialekt gefallen und dann wieder ganz anders... es war sehr schwer ihn oft aus dem Milieu des Berliner Dialektes heraus zu bekommen.

Ist Ihnen die Synchronarbeit schwer gefallen?

Ich habe nicht nur Gesangs-, sondern auch Sprechtechnik studiert und unentwegt geübt. Und gerade das Gesangsstudium ist für die Bindung der Vokale durchaus besser als nur das reine Sprechstudium, das sprechtechnische Studium, das ich auch gemacht habe.

Haben Sie die Geschichte von dem Kaspar Hauser gekannt, bevor Sie an dem Film mitgewirkt haben?

Ja ich weiß nun einiges davon. Selbst Schopenhauer hat sich als Kaspar Hauser bezeichnet, der endlich frei geworden ist! Sie müssen das bei ihm selbst lesen.

Sie haben den Film auch gesehen?

Ich habe ihn natürlich nicht nur ein- sondern mehrere Male gesehen.

Was hat Ihnen besonders gefallen?

Eigentlich der ganze Film. Er ist sehr gut in der ganzen Welt angekommen. Ich wüsste nicht, was ich besonders vorlegen sollte.

Waren Sie mit sich zufrieden?

Ja was heißt zufrieden... das müssen andere sagen! Das darf man nicht selbst aussprechen, weil man selbst subjektiv ist und die anderen objektiv.

Glauben Sie, sie hätten die Rolle besser spielen können?

Das müssten wiederum andere feststellen. Man selbst ist subjektiv, nicht? Man kann und darf das nicht von sich aus äußern.

Nach dem „Kaspar Hauser“ gab es dann eine Pause bis „Herz aus Glas“.

Knapp zwei Jahre sogar. In diesen zwei Jahren habe ich nur kleinere Sachen gedreht. Dann hat mich Werner Herzog angerufen. Wir haben uns zusammengesetzt und da ist das ganze vor sich gegangen, dass ich die Rolle spiele.

Das Spektakuläre an „Herz aus Glas“ war, dass die Schauspieler hypnotisiert spielen sollten. Es gab vorher Besprechungen und Versuche, ich glaube die wurden in der Ainmillerstraße abgehalten unter Aufsicht eines berufenen Arztes.

Ja, ich weiß nur den Namen dieses Herren nicht. Er gab da natürlich einige Dinge, auch über Horoskope und dergleichen... es war wohl in einer gewissen Hinsicht interessant, aber ich kenne natürlich von der Hypnose enorm viel. Ich habe auch von Forell, dem Schweizer Psychiater, seine Schrift gelesen. Ein dickerer Band: „Hypnose oder Suggestion“. Gegen diesen Titel muss ich Einspruch erheben! Ich sage: Hypnose durch Suggestion! Auto- oder fremd.

Wo wurden die Szenen gedreht, wo Sie mitgespielt haben?

Die wurden verschiedentlich gedreht. Einmal in Niederbayern, dann im Bayerischen Wald und im Tessin in der Schweiz. Da war ich auch dabei.

Waren Sie auch hypnotisiert?

Ja... also hypnotisiert kann man da nicht gut sagen. Ich habe das feststellen können, dass alle auf eine gleiche Linie gebracht wurden.

Herzog hat die Schauspieler selbst hypnotisiert. Wie hat er das gemacht?

Hypnose kann nicht bei allen Menschen durchgeführt werden. Mich hat einmal ein Berufshypnotiseur vom Schwabinger Krankenhaus in jungen Jahren hypnotisieren wollen. Das hat er überhaupt nicht fertig gebracht. Ich habe meinen freien Willen dazu gegeben – er brachte es nicht fertig.

Wie hat es Werner Herzog gemacht?

Zunächst hat es der Herr, dessen Namen mir gerade nicht geläufig ist, gemacht. Und Werner Herzog hat es dann vor allem vor der.... [Band zu Ende]

Herr Scheitz, wir waren bei „Herz aus Glas“. Haben Sie den Film einmal gesehen?

Mehrere male sogar. Einmal im ARRI-Kino, dann in anderen Kinos. Im Fernsehen habe ich den noch nicht gesehen. Ich weiß nicht, ob der schon im Fernsehen gelaufen ist.

Nein, der Film war noch nicht im Fernsehen. Haben Sie verstanden, um was es in diesem Film geht?

Doch, ja. Am Schluss geht Achternbusch [von dem das Drehbuch stammte] geradezu in östliche Gegenden, wie das auch Homer mit zur Darstellung gebracht hat. So habe ich das herausgefunden. Das habe ich irgendwie empfunden. Bei irischen Kleinstinseln, die ja wie Berge aus dem Meer hervorragen, die Fahrt in großen Kähnen nach dem Osten hin.

War die Zusammenarbeit mit Werner Herzog beim zweiten Film vertrauter wie beim ersten?

Genau das Gleiche.

Kurze Zeit später, hat er einen neuen Film gedreht, wo Sie auch mitgespielt haben. Sie haben sich selbst gespielt, Sie spielen den Herrn Scheitz. Werner Herzog hat in einem Interview gesagt, für den Scheitz will ich ein Monument bauen.

Hat er zu Ihnen gesagt?

In einem Interview, in einer Zeitung. Haben Sie das gar nicht gewußt?

Nein, weiß ich nicht.

Wie finden Sie das, dass Sie sich selber spielen durften in einem Film?

[Mit sehr stolzem Gesichtsausdruck] Was soll ich dazu sagen...?

Wie wurde das vorher besprochen?

Ganz kurz und einfach. Das hat er mir erklärt, dass ich da unter meinem Namen spiele.

Und Sie haben gleich zugestimmt?

Sofort! Denn, was Werner Herzog einem so unterbreitet und von einem verlangt, da konnte ich nie dagegen sein. Ich war sofort dafür. Denn er wusste ja, warum.

Warum?

Das ist schwer zu sagen. Weil es mit dem Film direkt zusammen hängt und verbindlich ist.

Hat er zu Ihnen gesagt, Sie dürfen sich selbst spielen oder hat er genaue Vorstellungen gehabt?

Nein, er hat es gar nicht näher ausgesprochen. Das war ganz selbstverständlich.

Das was über Ihre Rolle im Drehbuch stand, entspricht das Ihrem Leben?

Ich habe das Drehbuch kaum eingesehen. Wissen Sie, es hat auch wenig Wert, das Drehbuch einzusehen, weil ja dann beim Drehen gewisse Dinge gestaltet werden müssen, die in das Drehbuch schwer unterzubringen sind.

Den jeweiligen Umständen entsprechend.

Natürlich, ja.

Der Film geht los in Berlin. Gedreht wurde aber zuerst in Amerika.

Ja er beginnt in Berlin. Wir haben in Berlin die Szenen gedreht, die am Anfang des Films sind. Von wo aus die Fahrt mit einem Schiff – nicht mit einem Flugzeug – rüber geht.

Sie waren bei den Dreharbeiten das erste Mal in Amerika. Zusammen mit dem Bruno und der Eva Mattes. Wie hat Ihnen Amerika gefallen?

Ich war etwas enttäuscht. Weil Amerika von der abendländischen Kultur, die ich sehr gut kenne, mit der ich seit meiner Schule sehr in Verbindung stehe, und immer mehr in Verbindung gekommen bin, und das habe ich in Amerika vermissen müssen. Denn Amerika hatte nicht das Abendland gebildet, sondern ist nur von gewissen Menschen aus dem Abendland gebildet worden. Dann liegt wegen der Größe der Vereinigten Staaten alles sehr sehr weit auseinander, sodass es geradezu unmöglich ist, den Menschen eine höhere Bildung zu unterbreiten. Das geht nicht! Das kann man einfach nicht machen in Amerika. Da müsste Amerika fünfmal so groß bevölkert sein, dass auch die Menschen mehr zueinander kommen.

Glauben Sie, die Amerikaner sind ungebildet?

Sie haben nicht die Bildung, wie sie bei uns in Europa ist.

Sie waren das erste Mal in New York?

Ja, New York hat mir so gar nicht entsprochen. Es ist ein riesiger Steinhaufen und ich war maßlos enttäuscht von New York, ich habe mir das grundverschieden vorgestellt.

Wie haben Sie es sich vorgestellt?

Dass da doch etwas da ist, das einen irgendwie sehr nahe geht. Das habe ich nicht empfinden können.

Haben Sie in Manhattan in einem Hotel gewohnt?

Ja, im Hotel Taft.

Gab es da Probleme? Sie haben auf den Straßen gedreht, im Empire State Building, im Hafen...

Nein, gar keine. Man war vollkommen für sich da und ungestört. Gerade tagsüber. Wie es nachts ist, weiß ich nicht. Denn wir sind kaum in späten Abendstunden noch irgendwo hin gegangen. Wir waren auch nur kurz in New York.

Gab es Abends immer Drehbuchbesprechung?

Nein, das ist alles kurz vor dem Drehen besprochen worden. Wir sind an den Ort hin gefahren oder hin gegangen und haben dort gedreht. Werner Herzog hat vorher alles genau im Kopf gehabt.

Wie war Ihr Verhältnis zum Bruno oder zur Eva, mit denen Sie auf engen Raum zusammen gelebt haben?

Tadellos! Bruno hat oft gemeint, dass wir ihn nicht anerkennen. Das ist falsch gewesen! Wir waren alle äußerst bemüht um seine Person. Ich habe ihn auch zu mir auf mein Zimmer eingeladen. Er konnte trinken und rauchen und machen, was er wollte.

Trinkt Bruno viel?

Nein, viel kann man nicht sagen. Aber er hat nunmal etwas getrunken. Er hat nie einen Rausch gehabt. Ich habe ihn nie in einem Rausch, auch nicht in einer Animiertheit gesehen.

Und Eva?

Die Eva war tadellos. Mit der ist man wunderbar ausgekommen.

Wie war es mit Werner Herzog? War er sehr nervös, weil er in einem anderen Land gedreht hat? Unter schwierigen Bedingungen?

Nein, nicht die geringsten Schwierigkeiten hat einem Werner Herzog bereitet. Gar nichts! Im Gegenteil! Es war so... ich möchte fast sagen: Familiär. Es war eine äußerst günstige und schöne Atmosphäre.

Wo sind Sie nach New York hingefahren?

Nachdem wir aus New York gekommen sind, hat er das mit den Autos gemacht.

Sie meinen die Szenen am Anfang, wo sie alle drei im Auto sitzen?

Ja, es sitzen sogar oft mehr zusammen. Aber teilweise alle drei. Wir wurden von vorne, von rückwärts und von der Seite gedreht. Während der Fahrt.

Wo wurde das gedreht?

Das haben wir hauptsächlich einmal von Madison bis Lexington bis Cherokee. Und Cherokee ist ein Indianerreservat, ich werde da einst einmal darüber schreiben!

Ist da der Schluss des Films gedreht worden?

Ja, da ist der Schluss mehr oder weniger gedreht worden. Ich werde da ja dann gefangen... nein, das war vorher schon, wo ich gefangen wurde. In Cherokee wurden hauptsächlich Filmrollen mit Bruno gedreht.

Haben Sie im Reservat die Indianer kennengelernt?

Ja, ich war erstaunt über die. Die werden ganz falsch dargestellt. Man bezeichnet sie im Allgemeinen als Menschen, die tief unter uns stehen. Und ich werde da einst darüber schreiben noch! Ich will jetzt nicht zu ausführlich sein. Ich möchte einige Dinge, die mir erst in den letzten Monaten neu gekommen sind, mitbringen und da wird man staunen, auf was ich da gekommen bin.

Da hat Ihnen eine Dame aus der Hand gelesen, ist das richtig? Was hat die Ihnen geweissagt?

Ja! Das war einmalig! Und zwar hat die sogar - da war ich mehr als überrascht – mir aus der Hand gelesen, mit welchen Methoden ich arbeite. Wovon ich zu keinem Menschen gesprochen habe! Auch bis heute niemanden! Das hat sie mir aus der Hand gelesen. Und ich habe im Allgemeinen von der Handlesekunst nichts Besonderes gehalten. Aber wie die das gemacht hat, sie hat das zwei oder dreimal gemacht, da war ich aber schon sehr überrascht. Ich habe ihre Adresse, ich muss ihr jetzt mal schreiben.

Hat Ihnen das Land dort, das ganz flach ist, mehr zugesagt als New York?

Das war nach Lexington, nicht nach New York. Wir sind von Cherokee aus nach New York gefahren.

Hat es Ihnen dort besser gefallen als in New York?

In Cherokee hat es mir ungleich besser als in New York gefallen.

Wie kam es in Wisconsin zu der Szene, in der Sie über den tierischen Magnetismus erzählen. Die Szene stammt von Werner Herzog und Sie sind anderer Meinung, ist das richtig?

Die Bezeichnung „Tierischer Magnetismus“ ist von Mesmer. Schopenhauer wendete diese Bezeichnung auch noch an. Schopenhauer ist der erste, der philosophisch-wissenschaftlich auf diesem Gebiet etwas geschrieben hat. Er führt Mesmer an und führt auch von... es ist ein Arzt, der auch über die Seherin von Prevorst ein Buch geschrieben hat [Scheitz meint Justinus Kerner], das ich auch gelesen habe. Denn man muss das auch gelesen haben. Schopenhauer führt es ja auch an, nicht? Man muss es unbedingt gelesen haben, um zu wissen, wie Schopenhauer das Ganze im umfangreichen Sinne in philosophisch-wissenschaftlicher Darstellung gebracht hat.

Was waren das für Messungen, die Sie in dieser Filmszene ausführen?

Die Bezeichnung „Tierischer Magnetismus“ ist später mit der Bezeichnung „Hypnose“ irrtümlich geführt worden. Beides hat Berechtigung. Tierischer Magnetismus wie Hypnose. „Hypnos“ ist ja der Schlaf im Griechischen.

Was war das für ein Gerät, das Sie in dieser Szene verwendet haben?

Das ist ein Gerät, das man selbst einstellen kann. Man kann einen Magnetismus nicht mechanisch messen. Das gibt es gar nicht. Der Apparat, der verwendet wurde, der konnte ja künstlich mit eingestellt werden. Ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun. Im Film muss ja irgendwie etwas gebracht werden...

Warum hat Herzog diese Szene eingebracht?

Er wollte damit den „Tierischen Magnetismus“ zeigen. Ich bin ja zuerst an die beiden Herren, die in der Szene zu sehen sind, heran getreten. Aber das waren keine Schauspieler. Das waren, was man bei uns „Sonntagsjäger“ nennt. Die dürfen auch nur zu einen gewissen Grad, glaube ich, in Amerika, vom Gewehr Gebrauch machen. Sie haben nicht unbedingt die Berechtigung... sie haben gewisse Vorschriften, wie bei uns. Bei uns sind sie streng gehalten. Ich habe mit Jägern bei uns darüber gesprochen und mit Förstern.

Abgesehen von den Szenen in Amerika haben Sie auch Szenen in Berlin gedreht. Unter anderem mit Burkhard Driest und dem Prinz von Homburg. Welchen Eindruck haben die zwei Herren auf Sie gemacht?

Das ist schwer zu sagen. Das ist sehr schnell vor sich gegangen, äußerst schnell.

Haben Sie mit ihnen gesprochen?

Kaum. Es gab gar keine Möglichkeit dazu. Wir haben im Treppenhaus kurz gedreht und vor der Türe vom Bruno mit dem Beo. Der Beo ist ja ein fabelhaftes Tier gewesen. Ich habe gehört, dass nur ein Beo, im Gegensatz zu Papageien, Menschen im stimmlichen Fach gleich sind.

Dieses Jahr haben Sie zum vierten Mal mit Werner Herzog einen Film gedreht. Den „Nosferatu“, der bis jetzt noch nicht uraufgeführt worden ist. Sie hatten da zwei Drehtermine, Mitte des Jahres. Können Sie hierzu mehr erzählen?

Drei Tage vor Pfingsten, Freitag und Samstag. Am Freitag bin ich mit seiner Gattin von München aus hingeflogen. Ich glaube auch mit Walter Ladengast. Oder war er schon dort? Ich weiß es nicht. Wir sind nach Amsterdam geflogen und von dort aus nach Delft. Am Freitag hin geflogen, am Samstag wurde gedreht. Da musste ich schon wieder mittags weg, weil ich am Abend im Theater in den Kammerspielen zu tun hatte. Es war sehr kurz und da habe ich allein diese paar Tage sieben Pfund Gewicht abgenommen. Weil ich nur ganz wenig schlafen konnte.

Was haben Sie in diesem Film für eine Rolle gespielt?

Einen Amtmann. Zunächst hatte ich bei Häusern, weil da so und soviele gestorben sind, da habe ich überall geschaut, ob dort jemand drin ist. Wo ich niemanden mehr habe wahr nehmen können, habe ich ein Kreuz mit einer Kreide hingemalt. Und dann auf einen Kanal mit einem Boot. Das war für dem, der das Boot vorwärts bewegt hat, von äußerster Schwierigkeit. Er sollte ja nicht gesehen werden, musste aber das Boot nach vorwärts bringen und ist dauernd nach links gekommen. Bis wir endlich auf verschiedene Dinge gekommen sind, dass er wirklich gerade weiter fahren konnte. Dass das Boot gerade vorwärts bewegen konnte. Und da habe ich auch dann überall, wo ich gemerkt habe, da ist niemand mehr da, ein Kreuz hingemalt.

Anlässlich der Dreharbeiten haben Sie auch den Klaus Kinski kennengelernt.

Den habe ich dann vierzehn Tage nach Pfingsten kennengelernt, beim zweiten Drehtermin. Da war ich drei Tage dann unterwegs. Da hatte ich auch kein Theater diese Tage. Da war er auch in Delft, wo teilweise auch gedreht worden ist. Da war er anwesend und da habe ich ihn persönlich kennengelernt. Wir haben kaum etwas gesprochen, aber ich habe einen äußerst günstigen Eindruck von ihm bekommen. Ein Bericht über ihn in einer Wochenzeitschrift, hat ihn ganz anders beurteilt, als ich ihn hernach persönlich haben kennen lernen.... [Hier bricht die Aufnahme und somit das Interview ab.]


(c) Thomas Honickel 2022












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